Herzschlag

Sonntag, 21. Januar 2007

wenn

wenn man ganz still liegt hört man sie flüstern. ein windstoß trägt sie über berge und täler aus gedanken, und manchmal ertrinkt sie beinahe im rauschen zwischen den grashalmen. aber wenn es noch ein klein wenig stiller wird ist sie wieder hier. kurz hinter dem horizont sitzt sie und wartet. unverständliche worte aus einem unsichtbaren mund hasten über die ebene.

man muss nur die augen öffnen und die stimme wird laut und schneidend. kein vielleicht und bald mehr, nur noch nein und ja und egal. punkt.

der horizont zerspringt und seine farbe fällt herunter. die decke des zimmers leuchtet weiß und kalt.

es ist so still hier. und so friedlich.

Deine

Deine Haut hebt sich nur schwach vom Weiß des Lakens ab, es dringt ohnehin kaum Licht von außen herein. Inmitten gleichmäßig zitternden Schatten an der Wand wehen Erinnerungen von dir aus fliehenden Sommertagen. In ihnen scheint das Licht der Sonne an dir abzuperlen und leblos auf den Boden zu fallen. Dort unten im Gras knistert es ein wenig, wenn seine vergehende Hitze die Halme versengt. Doch außer mir kann das niemand sehen.

Manchmal habe ich das Gefühl, als fährt ein leichtes Zittern durch deinen ausgestreckten Körper, aber du verrätst nicht, ob es seinen Ursprung in Kälte oder Angst hat. Ein fremder Beobachter würde meinen, diese Frage anhand des Umstands beantworten zu können, dass deine Hände als sichtbares Symbol deiner Hilflosigkeit weit über deinem Kopf am eisernen Gestell des Bettes fixiert sind. Ich hingegen weiß, dass du mir tief unter dem brüchigen Fundament deiner stillen Angst vertraust, auch wenn du nicht erkennen kannst, wessen Hände kaum spürbar über deine Haut streichen. Aus ihrer Art dich zu berühren erzählen sie dir mehr über mich als deine Augen, selbst wenn diese nicht unter einem dunklen Tuch verborgen wären.

Hier an diesem farb- und tonlosen Ort zwischen Wachen und Träumen liege ich an deiner Seite. Beißender Mehltau aus Schuldgefühl und Ohnmacht windet sich meinen Rücken hinauf, während die ersten trüben Strahlen einer Morgensonne ins Zimmer fallen und ruhig auf deinem zitternden Körper schimmern.
Noch immer liegen wir da, und irgendwie schaffst du es, dass nichts an dir verrät, dass du weinst.

Hinterher

Hinterher wirst du dir sagen, du hast es schon immer ein ganz klein wenig gespürt - in der Art, wie er sich deinen Freunden gegenüber verhalten hat, oder wie sie manchmal in Stresssituationen reagierte. Oder du fragst dich, wie das nur passieren konnte - wie es möglich ist, dass dieser einst perfekte Mensch dich auf einmal mit diesen kalten, verachtenden Augen ansieht, in denen du vorher nur Verständnis und Zuneigung gelesen hast.
Und du wirst dich fragen, warum du es verdient hast, mit sinnlosen Allgemeinplätzen abgespeist zu werden, während du mit Tränen in den Augen um Verständnis flehst. Und warum er dir, selbst wenn du schon emotional am Boden liegst, immer noch verbale Fußtritte einhandelst. Hast du dich so in ihr geirrt damals, die ersten Tage, Wochen, Monate?
Wie bringt er es fertig, nachdem er dir so oft gesagt hat, dass er dich liebt, dich jetzt anzuschreien, dir deine Worte im Mund umzudrehen? Wie kann sie nur, nachdem ihr euch nächtelang in den Armen gelegen und euch eure tiefsten Geheimnisse offenbart habt, deine Schwächen jetzt so gnadenlos ausnutzen und sie dir wie Messer in deinen Köper rammen?
Wie nur. Wie?

Ich werde dir die Antwort geben, und sie wird es dir leichter machen. Sie war eigentlich schon immer irgendwo in deinem Kopf, aber du hast sie nicht akzeptiert.

Die Antwort ist, dass - als du auf deine Argumente nur Plattitüden und Vorwürfe als Antwort bekommen hast - deine Argumente selbst nur Plattitüden und Vorwürfe waren. Die Antwort ist auch, dass du ihm ebenso - wahrscheinlich weitaus mehr - seine Worte im Mund umgedreht hast, bis sie für dich gepasst haben. Und dass du sie mit ihren dir in vertrauten Nächten gestandenen Geheimnissen und Schwächen ebenso verletzt hast - wahrscheinlich als Erster und mit eiskalter, uneingestandener Berechnung.

Aber in deinen Augen sind deine Vorwürfe Argumente, deine Verdrehungen Richtigstellungen, und deine Verletzungen neutrale Wahrheiten, die ausgesprochen werden mussten. Weil er nicht aufhörte zu reden, musstest du immer noch eins drauf legen.

Vielleicht denkst du jetzt, genau das sollte er oder sie mal lesen, es wird ihm oder ihr die Augen öffnen. Der Punkt ist allerdings, dass dieser Text genau für dich bestimmt ist, nur für dich ganz allein, genauso wie für deine ehemalige Liebe, und für alle anderen Menschen auf der Welt.

Hatte

Hatte heute Nacht eine Version meines schnellen schrecklichen Todes - nach den ständigen nix-gelernt-und-morgen-ist-Abschlussprüfung-Träumen endlich mal was Anderes. War wohl eine Krankheit im Spiel, weiß aber ihren Namen nicht. Ihr kennt das - wo einem plötzlich lauter schwarze Tentakel aus dem Körper schlagen und sich von unten nach oben durchfressen. So von oben her gesehen sehr beeindruckendes Schauspiel, sehr plastisch. Irgendwann wenn sie dann beim Hals sind wird es schwer mit dem Atmen, und dann ist es auch schon aus. Der Befall ist davon abgesehen nicht von Dauer - nach einer Frist von 6 Monaten wird man reinkarniert und soweit ich das sehen konnte, war wieder alles in Ordnung.

Etwas

Etwas sitzt auf mir während ich schlafe - es ist klein und schwer und wartet regungslos. Immer, kurz bevor ich meine Augen öffne und das Bewusstsein der letzten Tage mit den ersten tiefen Atemzügen in mich aufnehme, gleitet es in irgendeine dunkle Ecke meines Zimmers. Wie es aussieht kann ich nicht sagen, aber es sitzt über meinem Herz und schweigt von dort ins Dunkel.

Ich weiß wer es geschickt hat, aber derjenige weiß es nicht. Er kann es auch nicht. Er soll auch nicht. Zurückrufen könnte man es ohnehin nicht mehr.

Wer weiß, vielleicht verschwindet es irgendwann von selbst.

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